06206 Industrial Internet of Things: Sensorsysteme für akustisches Condition Monitoring in der Instandhaltung
Produktionsoptimierung durch vorausschauende Instandhaltung mittels akustischer Zustandsüberwachung
Die neuen Schlüsseltechnologien im Bereich der Automation und Robotik, der vernetzten industriellen Produktionslandschaft im Sinne eines industriellen Internet of Things (industrielles IoT oder IIoT) sowie die enormen Fortschritte in maschinellem Lernen und künstlicher Intelligenz bieten immense Chancen zur Neuaufstellung und Optimierung der Produktentwicklung und der industriellen Fertigung. Insbesondere für die Instandhaltung von Produktionsbetrieben eröffnen sich neue Potenziale durch eine immer detailliertere und präzisere Erkennung/Erfassung des aktuellen Zustands von Maschinen, Anlagen und Produktionsprozessen.
In diesem Beitrag werden zwei akustische „Condition Monitoring”-Lösungen für industrielle Anlagen und Fertigungsprozesse vorgestellt und anhand zweier Fallstudien zur frühzeitigen Erkennung von Schäden an Wälzlagern in Produktionsmaschinen sowie am Fräswerkzeug in einem voll automatisierten mehrachsigen Fräsprozess diskutiert. Durch den Einsatz von leistungsfähigen Miniatursensoren auf Halbleiterbasis, lokalen Mikrocontrollern zur Signalverarbeitung und Datenanalyse sowie integrierten drahtgebundenen oder drahtlosen Dateninterfaces werden einfach installierbare akustische Monitoring- und Diagnosesysteme ermöglicht.
Aktuelle Entwicklungen im Bereich der industriell einsetzbaren Drahtlosnetzwerke ermöglichen eine einfache und energieeffiziente Anbindung vieler Sensorknoten ohne drahtgebundene Vernetzung über Kabelverbindungen. Zudem erlauben KI/ML-fähige Mikroprozessoren den Einsatz von maschinellem Lernen (ML) und künstlichen Intelligenz (KI) zur lokalen Datenanalyse und Systemdiagnose bereits in den lokalen Sensorknoten als intelligente „Edge Devices”. Die diskutierten Systeme zur akustischen Zustandsüberwachung bieten hervorragende Möglichkeiten für den Einsatz in der zustandsbasierten oder prädiktiven Instandhaltung. von: |
1 Einleitung
In modernen Industriebetrieben mit immer komplexer werdenden Abläufen und Produktionsprozessen sind neben den Gebäude-, Energie-, Material und Personalkosten immer mehr auch die Produktions- und Maschinenkosten ein wesentlicher Faktor für die Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens. Ein Schlüsselfaktor für den Unternehmenserfolg von Produktionsbetrieben ist dabei die Instandhaltung der vorhandenen Anlagen und Maschinen und insbesondere die dabei implementierte Instandhaltungsstrategie [1] . Diese Strategien helfen nicht nur, unerwartete Ausfälle zu verhindern, sondern tragen auch erheblich zur Verbesserung der Betriebseffizienz und zur Kostensenkung bei.
Effiziente Wartung durch Datenanalysen
Aktuelle Technologien wie das Internet der Dinge (IoT), künstliche Intelligenz (KI) und Big Data spielen eine entscheidende Rolle in modernen Wartungskonzepten, insbesondere im Bereich der datengestützten Instandhaltung, um anhand von Datenanalysen potenzielle Ausfälle frühzeitig zu erkennen und im Fall der prädiktiven Wartung anhand von Prognosemodellen sogar vorausschauend vorherzusagen. Erst damit können Maßnahmen zur Wartung und Inspektion im Sinne einer möglichst effizienten und ausfallsicheren Produktion optimal durchgeführt, ungeplante Stillstände minimiert und die Lebensdauer der Anlagen verlängert werden.
Aktuelle Technologien wie das Internet der Dinge (IoT), künstliche Intelligenz (KI) und Big Data spielen eine entscheidende Rolle in modernen Wartungskonzepten, insbesondere im Bereich der datengestützten Instandhaltung, um anhand von Datenanalysen potenzielle Ausfälle frühzeitig zu erkennen und im Fall der prädiktiven Wartung anhand von Prognosemodellen sogar vorausschauend vorherzusagen. Erst damit können Maßnahmen zur Wartung und Inspektion im Sinne einer möglichst effizienten und ausfallsicheren Produktion optimal durchgeführt, ungeplante Stillstände minimiert und die Lebensdauer der Anlagen verlängert werden.
Insbesondere Produktions- und Fertigungsmaschinen beruhen meist auf translatorisch oder rotatorisch aktuierten Maschinenteilen in geführten oder freien Bewegungen. Maschinenfehler treten dabei oft als Folge des Verschleißes an mechanischen Lagersystemen, Führungen, Antrieben, Getrieben oder Werkzeugen auf und führen bei einem Fehlerfall im Regelbetrieb meist zu kostenintensiven und zeitkritischen ungeplanten Stillständen oder akut notwendigen Reparaturmaßnahmen. Die akustische Überwachung von derartigen Maschinen und Anlagen mit bewegten aktiven oder passiven Komponenten beruht entweder auf der Erfassung von über den Maschinenkörper übertragenem Körperschall mithilfe von Beschleunigungsaufnehmern und vibro-akustischen Sensoren oder auf der Erfassung der über die Luft (oder das die Anlage umgebende Medium) abgestrahlten akustischen Emissionen (AE) mit Mikrofonsystemen.
Im diesem Beitrag wird die akustische Zustandsüberwachung für Maschinen, Fertigungsprozesse und Produktionsanlagen diskutiert und als vielversprechende Methode für eine sensorgestützte zustandsbasierte oder vorausschauende Instandhaltungsstrategie vorgestellt: Nach einem kurzen Überblick über sensor- und datenbasierte Instandhaltungsstrategien in Abschnitt 2 widmet sich Abschnitt 3 der Methode der akustischen Zustandsüberwachung basierend auf modernen intelligenten Sensorsystemen. Dabei werden zentrale Aspekte des Systemkonzepts, der Sensorik, der lokalen Intelligenz im Sensorknoten, der Integration neuer Methoden des maschinellen Lernens mit entsprechender Hardwareunterstützung sowie der Möglichkeiten einer drahtlosen Vernetzung betrachtet.
Die erste Fallstudie (s. Abschn. 4) betrachtet die akustische Überwachung von Wälzlagern, beispielsweise in Produktionsmaschinen, beruhend auf der Analyse von mit Beschleunigungsaufnehmern erfasstem Körperschall. In der zweiten Fallstudie (s. Abschn. 5) wird die Zustandsüberwachung eines industriellen Fräsprozesses anhand eines realisierten akustischen Überwachungs- und Diagnosesystems mit entsprechender Signalverarbeitung zur Echtzeitbewertung der Schädigung des verwendeten Fräswerkzeugs beschrieben. Das abschließende Kapitel fasst die wesentlichen Erkenntnisse zusammen und diskutiert das Potenzial der Methode für zukünftige Anwendungsfälle.
2 Sensor- und datenbasierte Wartungsstrategien in der Instandhaltung
In der Literatur finden sich unterschiedliche Klassifizierungen für Instandhaltungskonzepte, Biedermann unterscheidet zwischen den folgenden Instandhaltungsstrategien [1] :
• | reaktive Instandhaltung (reactive maintenance) |
• | geplante Instandhaltung (preventive maintenance) |
• | zustandsbasierte Instandhaltung (condition based maintenance, CBM) |
• | vorausschauende Instandhaltung (predictive maintenance, PdM) |
Run to fail
Die reaktive Instandhaltung bedient sich des „Run to fail”-Konzepts. Komponenten werden so lange benutzt, bis ein Maschinenfehler auftritt, die erforderliche Produktionsqualität nicht mehr gewährleistet wird oder die Performance eines (Teil-)Systems nicht mehr erbracht werden kann. Eine geplante Instandhaltung zielt darauf ab, durch regelmäßig durchgeführte Wartungen unabhängig vom Anlagenzustand Geräteausfälle zu vermeiden und Komponenten auszutauschen, bevor diese defekt werden.
Die reaktive Instandhaltung bedient sich des „Run to fail”-Konzepts. Komponenten werden so lange benutzt, bis ein Maschinenfehler auftritt, die erforderliche Produktionsqualität nicht mehr gewährleistet wird oder die Performance eines (Teil-)Systems nicht mehr erbracht werden kann. Eine geplante Instandhaltung zielt darauf ab, durch regelmäßig durchgeführte Wartungen unabhängig vom Anlagenzustand Geräteausfälle zu vermeiden und Komponenten auszutauschen, bevor diese defekt werden.
Prädiktive Wartung
Sowohl die zustandsbasierte Instandhaltung als auch die vorausschauende Instandhaltung stützen sich als datengestützte Instandhaltungsstrategien auf eine sensorikbasierte Ermittlung des Anlagenzustands durch die Analyse von sensorisch erfassten Datensätzen der jeweiligen Anlage. Dabei werden Echtzeitdaten von an den Anlagen installierten Sensoren erfasst und analysiert, um möglichst präzise und sicher den Zustand der beobachteten Anlage zu analysieren und damit in weiterer Folge potenziell auftretende zukünftige Anlagenausfälle durch rechtzeitige und einfach planbare Instandhaltungsmaßnahmen zu vermeiden. Im Fall des PdM werden aus den Sensordaten durch entsprechende prädiktive, beispielsweise auf KI beruhende Vorhersagen für zukünftige Veränderungen des Anlagenzustands möglich. Durch CBM und vielmehr noch durch PdM lässt sich die Anlageneffektivität signifikant erhöhen, da Wartungen nur bei konkretem Bedarf rechtzeitig planbar und ohne unvorhergesehene Maschinenstillstände durchgeführt werden können.
Abb. 1: Einfluss verschiedener Wartungsstrategien auf die Anlageneffektivität bzw. -zuverlässigkeit, dargestellt als OEE-Kennzahl (Overall Equipment Efficiency). Erst durch prädiktive Instandhaltung entsprechend Level IV in der Wartungsstrategie wird ein hoher OEE-Wert und damit eine hohe Anlageneffizienz erreicht [2] .
Sowohl die zustandsbasierte Instandhaltung als auch die vorausschauende Instandhaltung stützen sich als datengestützte Instandhaltungsstrategien auf eine sensorikbasierte Ermittlung des Anlagenzustands durch die Analyse von sensorisch erfassten Datensätzen der jeweiligen Anlage. Dabei werden Echtzeitdaten von an den Anlagen installierten Sensoren erfasst und analysiert, um möglichst präzise und sicher den Zustand der beobachteten Anlage zu analysieren und damit in weiterer Folge potenziell auftretende zukünftige Anlagenausfälle durch rechtzeitige und einfach planbare Instandhaltungsmaßnahmen zu vermeiden. Im Fall des PdM werden aus den Sensordaten durch entsprechende prädiktive, beispielsweise auf KI beruhende Vorhersagen für zukünftige Veränderungen des Anlagenzustands möglich. Durch CBM und vielmehr noch durch PdM lässt sich die Anlageneffektivität signifikant erhöhen, da Wartungen nur bei konkretem Bedarf rechtzeitig planbar und ohne unvorhergesehene Maschinenstillstände durchgeführt werden können.
Die im Betrieb implementierte Instandhaltungsstrategie hat signifikanten Einfluss auf die gesamte Anlageneffektivität, sichtbar beispielsweise als Overall-Equipment-Effectiveness (OEE) Kennzahl. Abbildung 1 veranschaulicht dabei die erreichbare OEE in Abhängigkeit der Instandhaltungsqualität, wobei in dieser Studie auch die sogenannte proaktive Instandhaltung (proactive maintenance) betrachtet wird. Der Studie zufolge wird durch prädiktive Instandhaltung mit vorausschauender Wartung als implementierte Strategie eine hohe OEE-Kennzahl von > 90 % erreichbar, der anvisierte Zielzustand für erfolgreiche Produktionsbetriebe hinsichtlich Zuverlässigkeit der Produktion und Anlageneffizienz.
3 Akustische Zustandsüberwachung in der prädiktiven Instandhaltung
Akustische Zustandsüberwachung bedeutet, dass die mechanischen Vibrationen und Schwingungen einer Maschine oder Anlage durch akustische Sensoren aufgenommen und durch Datenverarbeitungssysteme analysiert werden. Grundsätzlich lassen sich entweder berührende Aufnehmer wie Beschleunigungssensoren einsetzen, die direkt am Maschinenkörper den Körperschall erfassen, oder berührungslose Sensoren wie Messmikrofone, die den von der Maschine oder Anlage abgestrahlten Schall über eine Luftstrecke (oder über das die Anlage umgebende Medium) in entsprechender Distanz aufnehmen.