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01301 Green Maintenance – Ein Ordnungsrahmen für Instandhaltungsmaßnahmen zur energieeffizienten Fabrik

Aufgrund der weltweiten Ressourcenverknappung, der zunehmenden Umweltbelastung und der steigenden Energie- und Rohstoffpreise ist eine energieeffiziente Gestaltung der Fabrik erforderlich. Da das Aufgabengebiet der Instandhaltung über die reine Instandsetzung und vorbeugende Instandhaltung hinausgeht und auch die Verbesserung der Betriebsmittel umfasst, gewinnt die Verbesserung der Energieeffizienz für die Instandhaltung zunehmend an Bedeutung.
Anhand der Energieeffizienzdimensionen Energiebezug, Energieverbrauch und Emissionen sowie den drei Gestaltungsebenen der Fabrikplanung (Fabrikgebäude, Prozesse und Maschinen, Arbeitsplätze) wurden ein Ordnungsrahmen für energieeffiziente Fabriken aufgestellt und neun Handlungsfelder mit jeweiligen Gestaltungsprinzipien ausgearbeitet.
von:
Zielsetzung dieses Beitrags
Die Einzelmaßnahmen, die heutzutage oftmals von der Instandhaltung zur Verbesserung der Energieeffizienz durchgeführt werden, greifen zu kurz. Ziel dieses Beitrags ist es daher, eine systematische, ganzheitliche Vorgehensweise für die Planung und die Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen in der Instandhaltung vorzustellen.
Um die Handlungsfelder definieren, Maßnahmen priorisieren und die Umsetzungsergebnisse messen zu können, wird eine geeignete Bewertung der Energieeffizienz benötigt. Deshalb ist es ebenfalls Ziel dieses Beitrags, ein Kennzahlensystem zur Bewertung und Regelung der Energieeffizienz zu verdeutlichen.
Problembeschreibung
Aufgrund der weltweit wachsenden Rohstoffverknappung steigen die Energie- und Rohstoffkosten. Vom Jahr 1998, dem Jahr der Liberalisierung des Strommarkts, bis zum Jahr 2022 stiegen die Strompreise um 118 % [1]. Spätestens seit den multiplen Krisen ab 2019 ist die Sensibilität in Bezug auf die Bedeutung der Energieeffizienz sicherlich gestiegen: Nach einer Blitzumfrage der Landesarbeitsgemeinschaft der niedersächsischen IHKs haben sich bereits 70 Prozent der Unternehmen damit beschäftigt, wie und wo sie den Einsatz von Energieträgern einsparen können. Bei den Energieträgern Strom und Gas sehen rund zwei Drittel der befragten Unternehmen ein Einsparpotenzial von 10 %, manche sogar von 20 bis 30 %. [2]
Um diese Einsparpotenziale zu erreichen, müssen Unternehmen über einen systematischen Ansatz zur Bewertung und Optimierung ihres Energieverbrauchs verfügen. Die pauschale Erfassung des Ressourcenverbrauchs, z. B. auf Werks- oder Gebäudeebene, ist dafür nicht ausreichend, notwendig sind detaillierte Daten hinsichtlich der spezifischen Energieverbräuche einzelner Maschinen und Anlagen.
An die 7.000 Unternehmen in Deutschland betreiben bereits ein Energiemanagementsystem nach ISO 50001 [3], das Unternehmen dabei unterstützt, ihre Energieverbraucher zu identifizieren, Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz zu entwickeln und nachhaltig umzusetzen.
Vor allem die produzierende Industrie in Deutschland steht vor der Herausforderung, Energiebedarfe und -verbräuche in der Produktion verursachungsgerecht bewerten zu können. Denn nur so kann eine valide Aussage über den energieeffizienten Betrieb einer Produktion getroffen werden.
Diesbezüglich kommt der Instandhaltung eine zentrale Rolle zu. Denn insbesondere das Wissen über die Anlagen und ihr Betriebsverhalten ist hier ein zentraler Schlüssel für die spezifische Bestimmung der Energieverbräuche. Aus diesem Grund muss das etablierte Zielsystem der Instandhaltung zukünftig um die Aspekte der Energieeffizienz erweitert werden. War es bisher Aufgabe der Instandhaltung, die Gesamtanlageneffektivität hinsichtlich Verfügbarkeit, Qualität und Leistung sicherzustellen, so wird sie sich in Zukunft auch daran messen lassen müssen, wie effizient die Produktion die ihr zur Verfügung stehenden Ressourcen einsetzt. Die Aufgabe der Verbesserung, die nach DIN 31051 eine Kernaufgabe der Instandhaltung bildet, bekommt hierbei besonderes Gewicht. Dies bedeutet aber auch, dass die Instandhaltung einmal mehr den ihr anhaftenden Ruf des Kostenverursachers ablegt und innerhalb des Unternehmens an strategischer Bedeutung gewinnt.
Lösung/Lösungsweg
Der Lösungsweg für die skizzierte Problemstellung wird in sieben Abschnitten erläutert. Der Beitrag ist daher wie folgt aufgebaut:
1.
Dimensionen der Energieeffizienz
2.
Gestaltungsebenen der Fabrik
3.
Ordnungsrahmen für energieeffiziente Fabriken
4.
Gestaltungsprinzipien auf Produktionsstandort- und Fabrikgebäudeebene
5.
Gestaltungsprinzipien auf Gesamtprozessebene
6.
Gestaltungsprinzipien auf Arbeitsplatzebene
7.
Aufbau eines ressourcen- und verfügbarkeitsorientierten Instandhaltungscontrollinginstruments

1 Dimensionen der Energieeffizienz

Energieeffizienz umfasst im Wesentlichen drei Aspekte. Diese Aspekte, auch Dimensionen der Energieeffizienz genannt, sind:
Energiebezug,
Energieverbrauch,
Emissionen.
Nur wenn alle drei Dimensionen optimiert werden, kann von einer energieeffizienten Fabrik im eigentlichen Sinne gesprochen werden.
Optimierung des Energiebezugs
Insbesondere aufgrund der steigenden Preisentwicklung an den Rohstoff- und Energiemärken gilt es, den Energiebezug zu optimieren. Die Dimension des Energiebezugs umfasst insbesondere seine Unabhängigkeit von bspw. externen Schwankungen und internen Lastspitzen. Des Weiteren beinhaltet der Aspekt des Energiebezugs eine Optimierung unter Berücksichtigung der marktspezifischen Rahmenbedingungen.
Energieverbrauch senken
Zentraler Aspekt der Energieeffizienz ist der Energieverbrauch. Diese Dimension betrachtet alle technischen und organisatorischen Maßnahmen sowie Maßnahmen des Managements, um den Verbrauch an Energie zu senken.
Schadstoffemissionen
Die Emissionen bilden die dritte Dimension der Energieeffizienz. Hierunter werden alle Emissionen, die die Umwelt belasten, gezählt. Diese umfassen nicht nur Treibhausgase wie z. B. Kohlenstoffdioxid, sondern alle festen, flüssigen oder gasförmigen Schadstoffe, die an die Umwelt abgegeben werden. Abbildung 1 gibt einen exemplarischen Überblick über ausgewählte Umwelteinflüsse durch Schadstoffemissionen einer Fabrik. Die drei Energieeffizienzdimensionen bilden eine erste Strukturierung der Maßnahmen. Je nach Unternehmen und Unternehmensumfeld sind die drei Aspekte unterschiedlich wichtig. Dies fließt in die spätere Priorisierung der Maßnahmen mit ein.
Abb. 1: Umwelteinflüsse durch Schadstoffemissionen (in Anlehnung an [4])

2 Gestaltungsebenen der Fabrik

Geeignete Beschreibungsmodelle
Fabriken sind komplexe technische Gebilde. Um das Objekt Fabrik dennoch einfach und konsistent abbilden zu können, bedarf es geeigneter Beschreibungsmodelle, die ihrerseits die Ableitung von Energieeffizienzmaßnahmen für die Instandhaltung ermöglichen. Im Folgenden wird ein Beschreibungsmodell für Fabriken vorgestellt, das aus drei Ebenen besteht und dafür geeignet ist, Gestaltungsprinzipien für die drei Dimensionen der Energieeffizienz abzuleiten und in einen Ordnungsrahmen einzuordnen. Als die drei Gestaltungsebenen einer Fabrik werden nachfolgende definiert:
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