-- WEBONDISK OK --

04406 Zustandekommen von Verträgen

Tagtäglich werden Verträge abgeschlossen. Oftmals sind sich die Beteiligten gar nicht bewusst, dass sie einen Vertrag schließen, wie z. B. bei der Benutzung einer U-Bahn oder beim Zugriff auf das Internet am PC oder an mobilen Endgeräten. Immer aber sind mehrere Personen (mindestens zwei) beteiligt, die mit einem Vertrag eine bestimmte Absicht verfolgen.
In diesem Kapitel werden die rechtlichen Grundlagen behandelt, die für das Zustandekommen oder die Änderung von Verträgen von Bedeutung sind. Dabei werden auch einige Beispielsfälle behandelt, deren Handhabung in der Praxis immer wieder Probleme bereitet.
Arbeitshilfen:
von:

1 Einführung

Verträge werden sowohl im privaten wie im geschäftlichen Verkehr ständig und überall abgeschlossen. Sie legen fest, welche Pflichten den Vertragsparteien obliegen und welche Rechte ihnen zustehen sollen. Sie bilden gewissermaßen das Gerüst für die Durchführung eines Vertragsverhältnisses. Wegen der im Zivilrecht geltenden Privatautonomie sind die Parteien frei darin zu entscheiden, welche Verträge sie abschließen und welche Inhalte diese haben – sofern die Vereinbarungen im Einklang mit dem geltenden Recht stehen. Die Grenze der Vertragsfreiheit ist dann erreicht, wenn die vertraglichen Vereinbarungen gegen zwingende gesetzliche Regelungen verstoßen (z. B. wettbewerbswidrige Absprachen).
Verträge können sowohl für einen einmaligen Fall (z. B. Kaufvertrag, Reparatur, Bauvertrag) als auch für eine gewisse Dauer (z. B. Facility-Management-Vertrag, Wartungsvertrag, Teleservicevertrag, Mietvertrag, Arbeitsvertrag) abgeschlossen werden. Ein Vertrag kann zudem von den Parteien jederzeit geändert oder ergänzt werden. Je nach Vertragsgestaltung können die Parteien einen Vertrag auch einseitig oder beiderseitig wieder auflösen und das Vertragsverhältnis beenden. Ebenso ist es möglich, Dritte in einen Vertrag einzubeziehen und diese an der Leistung teilhaben zu lassen. Verträge sind damit ein flexibles Instrument, um rechtliche Beziehungen zu gestalten.
Verträge in der Instandhaltung
Instandhaltungsverträge werden meist über einen längeren Zeitraum abgeschlossen. In der Regel existiert ein schriftlicher Vertrag, den beide Parteien gemeinsam verhandelt haben oder der von einer Vertragspartei einseitig gestellt wurde und Grundlage für die Vertragsdurchführung ist. Die Frage, ob überhaupt ein Vertrag zustande gekommen ist, stellt sich in diesem Fall nicht.
Änderungen und Erweiterungen
Im Instandhaltungsgeschäft sind aber auch Fallgestaltungen denkbar, bei denen ein bestehender Vertrag im Nachhinein geändert oder erweitert wird. So kommt es beispielsweise vor, dass der Auftragnehmer eine Leistung erbringen soll, die er nach dem Vertragsinhalt nicht schuldet, wie z. B. eine größere Instandsetzung, die Aufrüstung einer Fertigungsanlage aufgrund geänderter Produktionsbedingungen oder deren Anpassung an eine neue technische Norm. Derartige zusätzliche Leistungen sind in vielen Fällen nicht mit der vereinbarten Vergütung abgegolten, sondern müssen vom Betreiber gesondert beauftragt werden.
Gelegentlich kommt es dabei zu Streitigkeiten zwischen den Parteien über das Zustandekommen oder die Änderung eines Vertrags, über den Vertragsinhalt oder über die Rechte und Pflichten der Vertragspartner. Im Rahmen der Leistungserbringung kann es zu unterschiedlichen Auffassungen über den vertraglichen Leistungsumfang (Qualitäten, Menge, Termine), über die Vergütung oder über sonstige Vertragspflichten kommen.
Arbeitsmittel für die Problemlösung
Zur richtigen Bewertung solcher Streitigkeiten ist es hilfreich, die wichtigsten allgemeinen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) über das Zustandekommen von Verträgen zu kennen.
Kommentare zum Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) [1]
Rechtsprechung

2 Vertragsabschluss

2.1 Wesen eines Vertrags

Jeder, der am Geschäftsverkehr teilnimmt, kann durch Rechtsgeschäfte rechtliche Beziehungen gestalten und dadurch bestimmte Folgen auslösen. Das Gesetz kennt dabei zwei Arten von Rechtsgeschäften:
Einseitige Rechtsgeschäfte
Ein einseitiges Rechtsgeschäft (z. B. Kündigung, Rücktritt, Widerruf) besteht aus einer Willenserklärung. In der Regel ist nur eine Person beteiligt; deren Willenserklärung muss aber einer zweiten Person – dem Erklärungsempfänger – zugehen.
Beispiele
Der Käufer erklärt den Rücktritt vom Kaufvertrag, nachdem der Verkäufer trotz mehrfacher Mahnung und Fristsetzung nicht geliefert hat. Der Käufer kann nun die Rückerstattung des Kaufpreises und ggf. Schadensersatz verlangen.
Mit der Kündigung eines Arbeitsvertrags wird ein bestehendes Arbeitsverhältnis beendet. In der Praxis ist mitunter der Satz zu hören: „Ich nehme die Kündigung an / nicht an.” Dieser Satz ist jedoch ohne rechtliche Bedeutung. Die Rechtsfolge (= Beendigung des Arbeitsverhältnisses) wird ausgelöst, sobald dem Vertragspartner die Kündigung zugeht. Nicht erforderlich ist, dass der Vertragspartner zustimmt oder die Kündigung „annimmt”. Auch eine ausdrücklich erklärte „Nicht-Annahme” hindert den Zugang einer Kündigung und die dadurch ausgelöste Rechtsfolge (= Beendigung des Arbeitsverhältnisses) nicht.
Eine Telefongesellschaft schließt mit einem Privatkunden telefonisch einen neuen DSL-Vertrag ab. Unmittelbar nach dem Telefonat fühlt sich der Kunde „überrumpelt” und widerruft am nächsten Tag gegenüber der Telefongesellschaft den gerade abgeschlossenen DSL-Vertrag. Da das Gesetz dem Privatkunden (Verbraucher) in derartigen Fällen ausdrücklich ein Widerrufsrecht einräumt, wird der Vertrag durch den einseitig (und rechtzeitig) erklärten Widerruf unwirksam.
Mehrseitige Rechtsgeschäfte
An einem mehrseitigen Rechtsgeschäft sind mehrere, mindestens jedoch zwei Personen beteiligt, die eine bestimmte Absicht verfolgen. Wichtigster Anwendungsfall ist der Vertrag. Wesen eines Vertrags ist, dass sich mindestens zwei Vertragspartner gemeinsam verpflichten, einen bestimmten Erfolg herbeizuführen. Voraussetzung ist der übereinstimmende Wille der Parteien über den Vertragsinhalt.
Merke
Ein Vertrag besteht grundsätzlich aus (mindestens) zwei inhaltlich übereinstimmenden Willenserklärungen.

2.2 Angebot und Annahme

Einigung
Zentrales Element eines Vertrags sind demnach zwei inhaltlich übereinstimmende Willenserklärungen. Die zeitlich frühere Erklärung wird im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) als „Antrag” (§ 145 BGB) bezeichnet. Die Praxis verwendet dazu den Begriff „Angebot”, der daher hier ebenfalls verwendet werden soll. Die zeitlich spätere Erklärung ist die „Annahme” (§ 147 BGB). Der Vertrag kommt zustande, wenn der eine Vertragspartner ein Angebot abgegeben hat und der andere Vertragspartner dieses Angebot vorbehaltlos annimmt (Einigung).
Merke
Vertrag = Angebot + Annahme
Abb. 1: Zustandekommen eines Vertrags
Angebot
Ein Angebot liegt vor, wenn es bezogen auf den beabsichtigten Vertrag so ausreichend bestimmt ist, dass der andere Vertragspartner nur noch mit „Ja” antworten muss.
Beispiel
Das Anlagenbauunternehmen (A) unterbreitet dem Betreiber (B) einer industriellen Förderanlage folgendes Ersatzteilangebot: „Wir bieten Ihnen das Ersatzteil XX zum Preis von € 250,00/St. zzgl. gesetzlicher MwSt. an, Lieferung frei Haus bis zum 30.04. dieses Jahres”.
Rechtsbindungswille
Voraussetzung für ein wirksames Angebot ist ferner der Rechtsbindungswille des Anbietenden (§ 145 BGB). Mit seiner Erklärung muss der Anbietende zum Ausdruck bringen, dass er sich an den Inhalt seines Angebots rechtlich gebunden hält. Fehlt es am Rechtsbindungswillen, liegt nur eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebots vor („invitatio ad offerendum”).

Weiterlesen und den „Instandhaltungs-Berater digital“ 4 Wochen gratis testen:

  • Das komplette Know-how in Sachen Instandhaltung
  • Zugriff auf alle Fachbeiträge und Arbeitshilfen
  • Onlinezugriff – überall verfügbar


Sie haben schon ein Abonnement oder testen bereits? Hier anmelden

Ihre Anfrage wird bearbeitet.
AuthError LoginModal