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06002 IH-Controlling im Zeitalter von Industrie 4.0

Entwicklung eines Kennzahlensystems und Maßnahmenableitung unterstützt durch Datamining

Industrie 4.0 bietet eine Reihe an Möglichkeiten für die Instandhaltung. Sensoren, Aktoren und kontaktlose Datenerfassung sowie -übertragung in Kombination mit neuen Speichertechnologien ermöglichen die wirtschaftliche Erfassung von immensen Datenmengen. Diese Daten können vom IH-Controlling für die effektive Steuerung, Analyse und Kontrolle genutzt werden. Dazu ist es allerdings nötig, einen Überblick über diese Daten zu behalten. Schlanke Kennzahlencockpits, die auf den kritischen Erfolgsfaktoren der Instandhaltung beruhen, können dabei helfen. Wird anhand der Cockpits eine Abweichung vom Ziel oder eine negative Entwicklung erkannt, so sind Detailanalysen notwendig. Mit Datamining ist es möglich, gezielt nach Zusammenhängen in den Daten zu suchen, die für Maßnahmenableitung genutzt werden können. In Kombination mit einem geschlossenen Regelkreis ermöglicht dies die Ausrichtung der Instandhaltung auf eine permanente Lernorientierung.
von:

1 Einleitung

Im Zuge von Industrie 4.0 wird von der vierten industriellen Revolution gesprochen. Neue, sich schnell verbreitende Informations- und Kommunikationstechnologien ermöglichen die Vernetzung von Betriebsmitteln, Maschinen und Logistiksystemen zu einem Internet der Dinge und Dienste. Dies ermöglicht aller Voraussicht nach die Echtzeitfähigkeit der Produktion. [1] Das zentrale Element von Industrie 4.0 bilden Cyber-physische Systeme, deren Entstehung dank immer leistungsstärkerer Sensoren und Aktoren ermöglicht wird. Solche Systeme können sich bei flächendeckender Durchdringung weitgehend autonom steuern und regeln. [2] Durch diese Entwicklung nimmt der Bestand an Daten im Produktionsbereich stetig zu. Neue Technologien erlauben es, riesige Datenmengen kostengünstig in zentralen Clouds zu speichern. In Kombination mit steigender Netzwerkgeschwindigkeit erlaubt dies den weltweiten Zugriff auf die Daten. [3] Bereits heute werden 90 % der Produktionsprozesse durch Informations- und Kommunikationstechnologien unterstützt. [4] Die in den Prozessen erfassten Daten bieten Potenzial für eine effektive Steuerung, Analyse und Kontrolle der Produktion sowie Instandhaltung.
Big Data und Datamining
Im Zusammenhang mit den riesigen Datenmengen wird von Big Data gesprochen. Diese zeichnen sich neben der großen Menge auch durch eine hohe Entstehungsgeschwindigkeit sowie Vielfalt aus. Mithilfe von Algorithmen und prädikativer Analysemethoden, die unter dem Begriff Datamining zusammengefasst werden, kann das in den Daten verborgene Wissen ausgewertet werden. [5] Verfahren wie Datamining helfen, in großen Datenmengen Zusammenhänge zu erkennen. Sie ermöglichen es, Ursachen für Abweichungen und Hebel zur Verbesserung zu finden. Aufgrund des dafür notwendigen Aufwands bietet sich Datamining eher für Detailanalysen an.
Um die vielversprechendsten Ansatzpunkte für diese Analysen zu identifizieren, muss es gelingen, einen Überblick über die Daten zu behalten. Schlanke Kennzahlencockpits, die nicht mehr als 25 Kennzahlen beinhalten sollten, können dabei helfen. Aufgrund des vielschichtigen Leistungsspektrums der Instandhaltung und einer möglichen gegenseitigen Beeinflussung der unterschiedlichen Leistungsbereiche ist es notwendig, ein Controllinginstrumentarium zu nutzen, das ein möglichst ganzheitliches Bild liefert. Die Kombination von Performance-Measurement-Systemen (PMM-Systemen) und Datamining ermöglicht es, ein schlankes und effektives Instandhaltungscontrolling zu etablieren. PMM-Systeme stellen die Daten als Information in verdichteter und übersichtlicher Form dar.

2 Performance-Measurement-Systeme

Traditionelle Kennzahlensysteme
Traditionelle Kennzahlensysteme basieren überwiegend auf finanziellen Kennzahlen und bringen eine Reihe von Kritikpunkten hervor. Sie sind unter anderem vergangenheitsorientiert, fördern lokale Optima, beziehen Stakeholder nicht ausreichend ein, weisen keinen Bezug zur Strategie auf und berücksichtigen interne Abläufe nur unzureichend. Aus diesem Grund wurden PMM-Systeme entwickelt. [6] [7] Zu den bekanntesten unter ihnen zählen: [8]
das Tableau de Bord,
die Performance Pyramid,
die Balanced Scorecard und
das Performance Prism.
Veränderung des Leistungsbegriffs
In den letzten Jahrzenten hat sich der Leistungsbegriff stark gewandelt. Neben Effizienz und Effektivität spielen weitere Dimensionen wie beispielsweise Agilität, Kreativität und Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle. [9] Moderne Controllinginstrumente müssen diesem Umstand Rechnung tragen.
Balanced Scorecard
Die Balanced Scorecard (BSC) ist das mit Abstand am weitesten verbreitete Performance-Measurement-System. [10] Sie wurde von dem Harvard-Professor Robert S. Kaplan und dem Unternehmensberater David P. Norton entwickelt. Die BSC berücksichtigt den Aspekt der Multidimensionalität des Leistungsbegriffs mithilfe unterschiedlicher Perspektiven. Standardmäßig besitzt sie vier Perspektiven: [11] [7]
Finanzperspektive
Kundenperspektive
Prozessperspektive
Lern- und Entwicklungsperspektive
Zwischen den einzelnen Perspektiven bestehen Kausalbeziehungen. Daher sind diese in der Praxis eng miteinander verbunden. Die internen Prozesse beeinflussen beispielsweise die finanziellen Ergebnisse des Unternehmens. Jede Perspektive des PMM-Systems beinhaltet mehrere Key Performance Indikatoren (KPIs), die von der Strategie des Unternehmens abgeleitet werden. Die von Kaplan und Norton vorgeschlagenen vier Perspektiven können je nach Anwendungsfall reduziert oder erweitert werden. Abhängig von der Strategie ist zu bestimmen, welche Perspektiven sinnvoll sind. [12]
Moderne PMM-Systeme
Moderne PMM-Systeme beziehen neben finanziellen Größen auch nicht monetäre ein. Des Weiteren werden zukunftsbezogene Steuerungsinformationen berücksichtigt. Dies ermöglicht Unternehmen, Veränderungen in den Rahmenbedingungen frühzeitig zu erkennen, und gibt ihnen die Möglichkeit, proaktiv darauf zu reagieren. KPIs solcher Systeme weisen einen engen Bezug zur Strategie auf und werden von den kritischen Erfolgsfaktoren abgeleitet. Bei der Entwicklung von PMM-Systemen werden die Bedürfnisse aller wichtigen externen und internen Stakeholder berücksichtigt. Aufgrund des starken Strategiebezugs ist eine kontinuierliche Verbesserung und dynamische Anpassung an sich ändernde Rahmenbedingungen notwendig. [7] [8] [13] Besonders ausgereifte Systeme, die in der Praxis jedoch nur selten zu finden sind, erstrecken sich über alle Leistungsebenen. Abbildung 1 gibt einen Überblick über die Kritikpunkte der traditionellen Systeme und gewünschte Eigenschaften moderner PMM-Systeme.
Abb. 1: Performance-Measurement-Systeme [14]
Wird ein PMM-System in einem Unternehmen eingeführt, so ist es besonders wichtig, dass das Topmanagement hinter dem Projekt steht. Dieses muss das Projekt aktiv bewerben und treiben. Ein PMM-System kann nur erfolgreich sein, wenn es von den Mitarbeitern getragen und schlussendlich auch gelebt wird. Dazu ist es notwendig, Mitarbeiter schon frühzeitig zu involvieren und das Projekt mit Change Management zu begleiten. Den Mitarbeitern muss klar sein, warum ein PMM-System eingeführt wird und welcher Nutzen sich daraus ergibt. [15]

3 Instandhaltungscontrolling

In der klassischen Instandhaltung (IH) sind die Leistungsziele nur unzureichend fixiert, und das Auftragswesen dient vorwiegend der Dokumentation sowie Abrechnung und nicht der Schwachstellenbeseitigung und Optimierung. Die Organisation ist funktional aufgebaut und Anlagen werden überwiegend ausfallorientiert betrieben. [16] Moderne Ansätze legen mehr Wert auf eine vorausschauende und ressourceneffiziente Instandhaltung. Smart Maintenance nutzt die Vernetzung der bislang isoliert bestehenden IT-Systeme sowie die Möglichkeiten, die Industrie 4.0 bietet. So entsteht eine intelligente lernorientierte Instandhaltung, die die Instandhaltungsstrategie dynamisiert. Hierbei kommt dem Ziel- und Controllingsystem eine besondere Rolle zu. [17] Um dieser gerecht zu werden, sind ausgereifte Controllingsysteme wie PMM-Systeme notwendig.

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