-- WEBONDISK OK --

04303 Baustellenkoordination bei Großprojekten

Großprojekte kommen auch in der Instandhaltung vor. Anlagenrevisionen, Stillstände in Chemieanlagen, der Austausch von Großmaschinen oder Anlagenteilen oder Anlagenerweiterungen können von der Instandhaltung abgewickelt werden. Dazu wird in der Regel eine Projektorganisation gebildet, die neben dem Tagesgeschäft die Maßnahme plant und koordiniert. Dieser Artikel befasst sich mit den Problemen, die bei der Durchführung eines solchen Großprojekts hinsichtlich der Koordination der Maßnahme und der Schnittstelle zum Tagesgeschäft auftreten können.
Arbeitshilfen:
von:

1 Gewerke und ihre Koordination

Definition Großprojekt
Großprojekte werden, wie der Name schon sagt, im Rahmen einer Projektorganisation geplant und durchgeführt. Projekte haben im Gegensatz zum Tagesgeschäft besondere Eigenschaften. Sie verfolgen ein definiertes Ziel, agieren mit begrenzten Ressourcen, haben einen definierten Endtermin, sind einmalig, komplex, risikobehaftet, dynamisch und interdisziplinär. Das Projektteam wird für einen bestimmten Zeitraum zusammengestellt und verfolgt ein klares Ziel.
Abb. 1: Großprojekt im Kesselhaus
Projekte durchlaufen aufeinander aufbauende Phasen (z. B. Konzeption, Vorplanung, Detailplanung, Ausführung/Montage, Inbetriebnahme). Von besonderem Interesse ist die Ausführungsphase. Hier zeigt sich die Qualität der Planungsphase, da das geplante Projekt nun in die Praxis umgesetzt werden muss. Dabei ist auch die Schnittstelle zum Tagesgeschäft zu beachten, da in oder neben einer laufenden Anlage gebaut wird.
Koordinierung der Gewerke
Folgende Gewerke müssen koordiniert werden, die zum Teil nacheinander, oft aber auch parallel arbeiten:
Tiefbau: Wenn neue Fundamente oder Erweiterungsbauten erforderlich sind oder Kanäle verlegt oder neu gebaut werden müssen. Optimal wäre es, die Tiefbauarbeiten bis zur Oberflächenversiegelung im Vorfeld abzuschließen (s. Abb. 2 und Abb. 3). Offene Baugruben nehmen nicht nur Platz weg, sondern führen auch zu Verunreinigungen aus dem Baufeld.
Abb. 2: Auf versiegelten Flächen lässt sich sauberer arbeiten
Abb. 3: Tiefbau, Beispiel
Abb. 4: Tiefbauplan des beschriebenen Projekts
Hochbau, Ausbau und technische Gebäudeausrüstung: In diesem Bereich werden verschiedene Gewerke benötigt, sodass gegebenenfalls mit Subunternehmern oder sogar in verschiedenen Losen gearbeitet werden muss. Diese Gewerke benötigen nicht nur Platz für Personalcontainer, sondern auch Lagerflächen für Baumaterialien (Baustahl, Klimakanäle, Trockenbaumaterialien). Gegebenenfalls stellt die Hochbaufirma einen oder mehrere Baukräne auf. Hier sind die Schwenkbereiche auf Hindernisse und Begrenzungen zu überprüfen.
Stahlbau: Neben den Lagerflächen für Stahlträger, Treppen und Gitterroste sind Flächen für die Kranaufstellung vorzusehen.
Montage: Die Anlagenteile sind zu montieren. Dazu sind Kräne und Hebezeuge erforderlich, die aufgestellt werden müssen. Gegebenenfalls sind Zwischenlagerplätze für Anlagenteile vorzusehen. Bei großen Anlagenteilen ist die Anlieferung zu koordinieren. Dazu gehört auch die Anlieferung über Verkehrswege, die ggf. nur nachts und mit Polizeibegleitung möglich ist. Zu berücksichtigen ist auch der innerbetriebliche Transport im Werk, der mit dem Werkschutz oder ggf. der Polizei bei notwendigen Straßensperrungen abzuklären ist.
Rohrleitungsbau: Neben der Verlegung der Rohrleitungen sind ggf. Hallen oder Zelte für die Vormontage sowie Lagerplätze für die Rohrleitungen vorzusehen. Müssen die Rohrleitungen isoliert werden, kommen weitere Subunternehmer ins Spiel, die ebenfalls Bereitstellungsflächen benötigen.
Elektro-Mess- und Regelungs-(EMSR)-Technik: Neben dem Aufbau der Schalträume mit Schaltschränken, Transformatoren und Doppelböden sind Kabeltrassen (s. Abb. 5) und Feldverteiler sowie Feldgeräte zu montieren. Auch hier sind ggf. Bereitstellungsflächen erforderlich.
Abb. 5: Kabeltrassen

2 Platzbedarf und Logistik auf der Baustelle

Neben dem Platzbedarf für die zu errichtende Anlage sind die oben genannten weiteren Flächen zu berücksichtigen. Können diese nicht direkt auf der Baustelle angeboten werden, müssen zusätzlich Transportmöglichkeiten einschließlich Be- und Entladeeinrichtungen geschaffen werden.
Abb. 6: Containerburgen, Bereitstellungsflächen und Fahrwege
Auf- und Abbau von Kränen
Bei Baukränen und Mobilteleskopkränen sind nicht nur die Schwenkbereiche zu beachten. Der Untergrund muss befestigt sein. Bei Baukränen müssen gegebenenfalls Fundamente in den Untergrund eingebracht werden. Dafür müssen Statiken erstellt und genehmigt werden. Mobilkrane benötigen neben dem befestigten Untergrund auch Platz für den Aufbau und die Kranstützen. Ein 750-Tonnen-Kran benötigt mindestens fünf Begleitfahrzeuge, die Teile für den Aufbau transportieren und während des Aufbaus neben dem Mobilkran Platz finden müssen. Der Auf- und Abbau eines solchen Krans dauert mindestens einen Arbeitstag. Bei Straßen ist vorab zu klären, ob unter den Stützen Kanäle oder Leitungen verlaufen. Gegebenenfalls sind zusätzliche Streifenfundamente oder Verteilerplatten erforderlich.

3 Eigen- oder Fremdleistung?

Vor der Ausschreibung der Lose bzw. der erforderlichen Fremdleistungen für die oben beschriebenen Gewerke sind grundsätzlich Überlegungen zur Eigen- bzw. Fremdleistung erforderlich. Wie sollen die erforderlichen zusätzlichen Leistungen erbracht werden? Sind sie von jedem Gewerk separat zu erbringen oder sollen sie vom Auftraggeber beigestellt werden? Im letzteren Fall ist die Finanzierung zu klären. Sollen die Kosten im Umlageverfahren auf die Gewerke umgelegt werden oder werden sie vom Auftraggeber übernommen?
Folgende Nebenleistungen sind u. a. zu berücksichtigen:
Innerbetrieblicher Transport (Stapler, Hubwagen, LKW)
Gerüstbau
Kraneinsatz (Baukran, Autokran)
Entsorgung
Gewerbemüll
Holz
Metall
Sondermüll (Isolierungen, Gefahrstoffe usw.)
Abb. 7: Entsorgung als Negativbeispiel
Reinigungsdienste
Gebäudereinigung (Büros, Sozialräume, Sanitäranlagen)
Kehr-, Hof- und Straßenreinigung
Anlagenreinigung
Abpumpen von Regenwasser

3.1 Nebenleistungen: Vor- und Nachteile

Bei einem Umlageverfahren oder der Übernahme durch den Auftraggeber ergeben sich für den Auftraggeber folgende Vor- und Nachteile:
Vorteile
Alles in einer Hand, Koordination direkt möglich
Größere Mengen bei Ausschreibung, bessere Preise
Direkter Zugriff auf Dienstleister
Sauberkeit und Ordnung kann vom Auftraggeber direkt beeinflusst werden
Konsequenzen für Nichtbeachtung können im Vorfeld vereinbart werden
Nachteile
Zusätzlicher Koordinationsaufwand
Umlagevereinbarung aufwändig
Koordinationsaufwand zwischen Gewerken
Verantwortung weitgehend beim Auftraggeber, Hinwirkung auf Gewerke notwendig
Kostenrisiko liegt bei Auftraggeber, Auftragnehmer nicht um Effizienz bemüht
Durch die Verpflichtung des Auftragnehmers zur Übernahme und verantwortlichen Durchführung der Nebenleistung ergeben sich folgende Konsequenzen für den Auftraggeber:
Vorteile
Kein Aufwand für Auftraggeber
Kostenrisiko liegt beim Auftragnehmer
Auftragnehmer um Effizienz bemüht
Nachteile
Kein direkter Zugriff auf Dienstleister, Koordination umständlich
Bei Nichteinhaltung muss Verursacher sofort gefunden werden, zusätzlicher Kontrollaufwand
Entsorgung zwischen Gewerken kann zu Konflikten führen
Konsequenzen für Nichtbeachtung müssen im Vorfeld vereinbart werden
Ggf. müssen Dienstleistungen trotzdem teilweise vom Auftraggeber nachgeordert werden
Bauleitung in die Pflicht nehmen
Diese Betrachtung ist für jede der Nebenleistungen separat durchzuführen. Dabei sind die logistischen und organisatorischen Randbedingungen des Großprojekts zu berücksichtigen. Werden diese Punkte im Vorfeld geklärt und eindeutig spezifiziert, ist ein harmonisches Miteinander auf der Baustelle wesentlich einfacher zu realisieren. Wichtig ist dabei nicht nur der konstruktive Umgang miteinander, sondern auch die konsequente, aber faire Reaktion bei Nichteinhaltung oder Abweichungen. Hierzu ist die übergeordnete Bauleitung von Anfang an in die Pflicht zu nehmen.

4 Wesentliche Bauleitungsfunktionen

Neben den gewerkespezifischen Nebenleistungen sind auch die allgemein erforderlichen Leistungen im Vorfeld festzulegen:

Weiterlesen und den „Instandhaltungs-Berater digital“ 4 Wochen gratis testen:

  • Das komplette Know-how in Sachen Instandhaltung
  • Zugriff auf alle Fachbeiträge und Arbeitshilfen
  • Onlinezugriff – überall verfügbar


Sie haben schon ein Abonnement oder testen bereits? Hier anmelden

Ihre Anfrage wird bearbeitet.
AuthError LoginModal