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03402 Personalorganisation in der Instandhaltung unter den Gesichtspunkten von Qualifikation und Aufbauorganisation

Die Instandhaltung wirft besondere Fragen in Bezug auf die Personalstruktur und die Aufbauorganisation auf. Bezüglich der Personalstruktur ist zu klären, welche Qualifikation und Anzahl Mitarbeiter für einen bestimmten Fertigungsbereich benötigt werden und welche Qualifizierungsmaßnahmen vorzunehmen sind. Über allgemein gültige Richtlinien hinaus sind insbesondere in letzter Zeit spezielle Empfehlungen für Instandhaltungstätigkeiten im Bereich erneuerbarer Energien erschienen. Bezüglich der Aufbauorganisation ist ein Kompromiss zu finden zwischen der Einbeziehung von Fertigungsmitarbeitern in Instandhaltungsfunktionen und einer eher zentralen Organisationsform in spezialisierten Instandhaltungsabteilungen. Wie am Beispiel einer Umformfertigung gezeigt wird, kann die Simulation im Hinblick auf beide Fragestellungen eine wertvolle Unterstützung leisten.
von:

1 Bedeutung der Personalorganisation für die Instandhaltung

Personal als wichtigste Ressource
Es gibt wohl kaum einen Bereich in der Arbeitswelt, in dem das Personal nicht als wichtigste Ressource bezeichnet wird. Dies trifft erst recht für die industrielle Instandhaltung zu, zumal sich dort die Anforderungen an das Personal und damit an dessen Qualifikation gegenüber anderen Mitarbeitern im Produktions- und Logistikbereich deutlich unterscheiden (s. Abb. 1).
Abb. 1: Instandhalter in einer virtuellen Fabrik [1]
Hohe Flexibilität gefordert
Dies ist zum einen durch die Art der Instandhaltungsaufgaben bedingt, die zum Teil bekannt und planbar, zum Teil aber auch störungsbedingt und damit kaum vorhersehbar sind. Gerade Letzteres erfordert von den Instandhaltern eine hohe fachliche und zeitliche Flexibilität. Die steigende Komplexität der technischen Anlagen erzwingt außerdem nicht nur fachgerechtes Handeln, sondern auch die Beachtung sicherheitstechnischer Aspekte in einer nicht immer gefährdungsfreien Arbeitssituation.
Fragestellungen für die Personalorganisation
Hieraus ergibt sich für die Personalorganisation eine Reihe von Fragen: Wie viele Mitarbeiter werden in einem fest umrissenen Tätigkeitsfeld benötigt und welche Kompetenz sollte der einzelne Instandhalter dafür aufweisen? Aber auch organisatorische Fragen werden aufgeworfen: Wie sollten die Instandhalter zugeordnet werden, integriert in das Arbeitssystem im Sinne von Arbeitsbereicherung und Gruppenarbeit, als dem Fertigungssystem zwar zugeordnet, aber spezialisiert und nicht direkt darin integriert oder als zentrale Instandhaltungsabteilung mit Zuständigkeit für verschiedene Fertigungssysteme? Diesen Fragen soll im Folgenden nachgegangen werden.

2 Ermittlung und Vergleich von Anforderungen und Fähigkeiten

Die Qualifikation einer Person lässt sich in Form eines Vergleichs der Anforderungen der (zugedachten) Instandhaltungsfunktionen und seinen Fähigkeiten bestimmen. Die dahinterstehende Methode ist der sogenannte Profilvergleich von Anforderungen und Fähigkeiten, der bereits seit Jahrzehnten bekannt ist [2] [3].
Profilmethode
Die Profilmethode unterstellt, dass Anforderungen und Fähigkeiten mit vergleichbaren Merkmalen analytisch erfasst werden können. Hierbei wird vielfach vereinfachend angenommen, dass die Ausprägungen eines Merkmals ordinal skaliert sind, wobei nicht notwendigerweise für alle Merkmale dieselbe Anzahl Stufen vorliegen müssen. Dies ist aber bei einer Reihe von Merkmalen gar nicht möglich: So lässt sich zwar beispielsweise die geforderte bzw. vorhandene Ausbildungsdauer aus der Anzahl absolvierter Monate (metrisch oder genauer proportional skaliert) in eine Anzahl maßgeblicher Stufen (Anlernung, Berufsausbildung usw.) ordinal umskalieren, für den Ausbildungsberuf ist dies allerdings nicht möglich, da hierfür eine Nominalskala verwendet werden müsste. Andere Merkmale lassen sich nur binär oder bipolar skalieren, beispielsweise die geforderte bzw. vorhandene Farbtüchtigkeit [4].
Kritik an der Profilmethode
So einleuchtend die Profilmethode auch erscheinen mag, so gravierend sind aber auch mögliche Argumente gegen ihre Anwendung: Aus arbeitspsychologischer Sicht entspricht die merkmalsweise, analytische Auflistung menschlicher Fähigkeiten nicht dem Anspruch einer ganzheitlichen Erfassung, wie sie eher durch Personalgespräche zu gewährleisten ist. Die Fähigkeiten einer Person werden auf diejenigen eingegrenzt, die für die beabsichtigte Tätigkeit erforderlich sind. Nicht genutzte, latente Fähigkeiten bergen dabei die Gefahr einer Unterforderung in sich. Schließlich werden bei dieser formalen Erfassung motivationale Gründe für die Eignung nicht berücksichtigt.
Betriebsrat hat Initiativrecht
In rechtlicher Hinsicht ist zu beachten, dass die Profilmethode in Deutschland unter den Begriff „Auswahlrichtlinien” nach BetrVG § 95 Abs. 1 Satz 1 (2013) fällt und damit die Zustimmung des Betriebsrats bei ihrer Einführung erfordert [5]. Darüber hinausgehend hat der Betriebsrat nach Abs. 2 Satz 1 bei mehr als 500 Arbeitnehmern im Betrieb zusätzlich ein Initiativrecht dergestalt, dass er zu deren Anwendung spezielle Richtlinien bezüglich „zu beachtender fachlicher und personeller Voraussetzungen und sozialer Gesichtspunkte” verlangen kann. Dies hat in Deutschland dazu geführt, dass diese Methode wegen möglicher betriebsverfassungsrechtlicher Auseinandersetzungen in den Unternehmen über viele Jahre hinweg nicht genutzt wurde. Dennoch ist in jüngster Zeit eine stärkere Diskussion um die Anwendung der Profilmethode zu beobachten (siehe z. B. in einem Unternehmen für Edelstahlerzeugnisse Brunner 2013, [6]).

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